Resolution zur Versorgung im ärztlichen Notdienst

Der Kreistag weist diese Änderung zurück und appelliert an den Landrat und an das Gesundheitsministerium des Landes NRW, uns gegenüber der KVNO entsprechend zu unterstützen.

 

Insbesondere die Erweiterung der Nachtfahrdienste auf den gesamten Kreis und die Reduzierung der Zeiten der Notdienstpraxen an den Krankenhäusern darf nicht in Kraft treten damit die Versorgung der Bevölkerung nicht gefährdet wird und eine Überforderung der Ärztinnen und Ärzte ausgeschlossen ist.

 

Begründung:

 

Der Kreistag sieht durch diese Änderungen vor allem die Versorgung der Bevölkerung (bei schon bestehender Unterversorgung) gefährdet. Das Vertrauen in die 116117 wird durch die schlechtere Versorgung sicher nicht gesteigert, sondern weiter deutlich geschwächt.

 

Die seit Jahrzehnten entwickelte Organisationskultur, den Notdienst vor Ort zu entwickeln unter Berücksichtigung von topographischen Besonderheiten, der Verkehrswege und der Bevölkerungszahlen nach der Gemeinsamen Notdienstordnung von KVNO und Ärztekammer Nordrhein wird ab 1.1.24 abgeschafft.

 

Zwischen Radevormwald (nördlichste Kreiskommune mit 22.000 Einwohner:innen) und der südlichsten Kommune Morsbach (10.300 Einwohner:innen) besteht eine Entfernung von gut 70 km. Ohne Behinderung durch Baustellen und bei tagsüber gutem Wetter ergibt sich dadurch eine Fahrzeit für die einfache Strecke von knapp 75 Minuten. Bei Regen, Nebel, Schnee und Vereisungen werden gut 1,5 Stunden für die Einzelstrecke nicht ausreichen.

 

Ein fiktives Einsatzszenario (gewichtet nach Einwohnerzahl) für eine Ärztin oder einen Arzt aus dem Nordkreis könnte bei 4 Notdienstanforderungen zwischen 21 und 8 Uhr zu Fahrzeiten von mind. 5,5, Stunden führen. Hier wird auf die Gefahren durch Übermüdung am Steuer mit 22% Anteil an Unfällen bei Fahrer:innen mit fehlenden Erholungszeiten und Zunahme der Müdigkeit um 15% pro Stunde Nachttätigkeit hingewiesen.

 

Es ist eine erhebliche Überforderung der Ärztinnen und Ärzte durch den nachts auf das dreifache vergrößerten Dienstbezirk zu befürchten. Auch die Altersstruktur der Hausärztinnen und Hausärzte von knapp 56 Jahren ist zu berücksichtigen. Unklar ist auch die Vertretungsregelung: Was passiert, wenn ein/e Diensthabende/r im Notdienst ausfällt? Es gibt keinen Hintergrunddienst! Bislang konnten sich drei Fahrdienste gegenseitig aushelfen.

 

Auch die Reduzierung der Zeiten an den Notdienstpraxen am Helios-Klinikum Wipperfürth und am Kreiskrankenhaus Waldbröl um insgesamt 12 Stunden pro Woche verschärft die Situation für die Menschen, die Hilfe suchen. Für die Klinikärzte im Bereitschaftsdienst wird die ohnehin schon hohe Belastung weiter erhöht.

 

Durch die Änderungen der Fahrbezirke wird es auch zu erheblichen Auswirkungen auf den Rettungsdienst kommen. Vor dem Hintergrund jährlich steigender Einsatzzahlen im Rettungsdienst (2019 lt. Rettungsdienstbedarfsplan 26.273 RTW-Notfalleinsätze mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten seit 2013 von 3,5 %) ist bei Umsetzung der Notdienstreform mit einer deutlichen prozentualen Zunahme und somit einer gefährdeten Notfallversorgung zu rechnen.

 

Dass die Ärztinnen und Ärzte vor Änderung des Organisationsplans nicht eingebunden wurden, verschlimmert die Situation. Hier wurde offenbar ohne Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten vom

„grünen Tisch“ geplant. Damit ist die Organisationskultur, die in den Kreisstellen zur Notdienstorganisation in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt wurde, offensichtlich komplett beseitigt. Die Gemeinsame Notdienstordnung der KVNO und der Ärztekammer Nordrhein legt in §11, Abs. 4 fest, dass die regionalen Besonderheiten, die Bevölkerungszahlen, die topographischen Verhältnisse und die Verkehrsbedingungen angemessen zu berücksichtigen sind.

 

Aufgrund der mit Schreiben vom „November 2023“ aufgedrückten Regelungen besteht nun zusätzlich die Gefahr, dass Ärztinnen und Ärzte bei bereits erreichter Altersgrenze ihre Tätigkeit aufgeben und den Hausärztemangel im Oberbergischen Kreis weiter verschärfen.