Haushaltsrede von Reinhold Müller

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe bei der Vorbereitung auf meine heutigen Ausführungen noch einmal in die letzte Haushaltsrede vom 08.12.22 hineingeschaut.

Damals hatte ich einleitend gesagt:

„Die Verabschiedung des Doppelhaushalts 23/24 ist in den Zeiten besonderer Herausforderungen für die Zukunft des Oberbergischen Kreises und die in ihm lebenden Menschen ein wichtiges Zeichen. Aktuell sind wir alle durch Corona, den Ukrainekrieg, Inflation, steigende Energiepreise und die Sorge um das eigene Einkommen stark verunsichert und belastet.“ 

An dieser Einschätzung hat sich leider bis heute nicht viel geändert. Die Corona Nachwirkungen spüren wir bis heute und mit dem Nahostkonflikt und dem gestiegenen Zuzug von Flüchtlingen sind weitere Probleme hinzugekommen.

Im Gegenteil die Belastungen des Kreishaushalts haben zugenommen und damit auch unsere Finanzprobleme und die den meisten unserer Kommunen.

Landrat Jochen Hagt hat daher zu Recht bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs am 31.10.24 darauf hingewiesen, dass die stagnierende Wirtschaft und die wachsenden Sozialausgaben den Druck auf die Kommunalfinanzen erhöht haben. Zudem wird das Konnexitätsprinzip von Bund und Land immer noch nicht konsequent gelebt.

Der Bund lässt uns auf den Steigerungen beim Bürgergeld genauso sitzen wie das Land NRW bei den Sozialausgaben. Ständig neue Verpflichtungen wie aktuell die Ausweitung bei der OGS mögen sozial- und gesellschaftspolitisch notwendig sein, aber es muss auf allen Ebenen der Grundsatz gelten: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen!“

Der Kreishaushalt hat inzwischen ein Gesamtvolumen pro Jahr von rund 607 Mio. Euro. Davon entfallen direkt in 2025 330 Mio. € und 2026 342 Mio. € an Transferleistungen an, worunter neben dem Jugend- und Sozialetat vor allem die Landschaftsumlage ins Gewicht fällt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Oberbergische Kreis ist daher wegen der Rücksichtnahme auf die Kommunen nicht nur bereit die Ausgleichsrücklage aufzulösen, sondern auch das Eigenkapital des Kreises aufzuzehren.

Der Verlust der Ausgleichsrücklage macht den auf Kante genähten Haushalt noch schwieriger zu steuern, da Verschlechterungen unterjährig darüber nicht mehr abgefangen werden können, sondern zu weiterem Verzehr des Eigenkapitals führen, wenn man nicht einen Nachtragshaushalt mit erhöhter Kreisumlage beschließen möchte.

Die SPD fordert dagegen, dass der Minderaufwand von 4 % der Personalaufwendungen notwendig sei und eine allgemeine Minderausgabe über alles von 1% vorzunehmen sei. Auch die Coronabelastungen besser kreisumlagebelastend auf die zulässigen 50 Jahre abgeschrieben werden sollen.

Liebe Genossinnen und Genossen, diese Forderungen mögen sich simpel anhören, sind aber angesichts des straffen Haushaltsplans und der erheblichen Risiken völlig unrealistisch. Die Buchung gegen das Eigenkapital bei den Coronabelastungen haben auch etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun.

Zudem gab es einige Anträge aus dem Sozialbereich, die sie vorgetragen haben und uns quasi Herzlosigkeit unterstellten, weil wir diese ablehnen mussten. Es gibt hier aktuell leider keinen Spielraum im Haushalt, so sinnvoll auch derartige Wünsche sein können.

Großes Thema in den Beratungen war auch der Katstrophenschutzbedarfsplan, hier besonders die Pumpe. Der Plan wurde erst vor wenigen Wochen verabschiedet und daraus ergeben sich Konsequenzen, welche das Fachamt auch erläutert hat. Investitionen in Höhe von 2,5 Mio.€ sind aktuell wahrlich nicht einfach zu stemmen. Warten wir daher die konkreten Auftragsvergaben einmal ab. Ein Sperrvermerk macht keinen Sinn, da die Planungen für die Geräte erheblichen Vorlauf benötigen.   

Insgesamt haben wir finanziell mehr als schwierige Zeiten, auf die wir uns aber so gut wie möglich vorbereitet haben. Daher können wir mit der Auflösung der Ausgleisrücklage und des Eigenkapitals bei der Kreisumlage abfedern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

hätten wir in früheren Jahren auf Vorschläge von SPD und Grünen gehört, gäbe es diesen Spielraum schon gar nicht mehr. Deshalb werden wir ihre Vorschläger auch ablehnen.

Neben den finanziellen Risiken im Jugend – und Sozialetat, sind die Auswirkungen der Gesundheitsreformen auf unsere Krankenhäuser in Oberberg noch nicht wirklich absehbar. Defizite der Kreiskrankenhäuser bleiben aber überwiegend an der Kreiskasse hängen.

Ebenso ist der ÖPNV ein Kostentreiber im Etat. Die Ausgaben sind bei der OVAG enorm: Wasserstoffbusse, Lohnerhöhungen, Preissteigerungen beim Diesel etc. Unsere Fraktion steht gleichwohl zum Ausbau der Linien Nord, sieht dagegen die Wiehltalbahn zunehmend kritisch.

Sehr geehrte Damen und Herren,

trotz aller Konsolidierungsmaßnahmen ist eine Erhöhung der Kreisumlage unvermeidlich, wobei die tatsächliche Höhe der Belastung der Kommunen auch von deren Grundlagedaten abhängt.

Wesentlich desaströser für die Kommunen sind indes die Grundsteuervorgaben des Landes NRW. Man hatte dort fünf Jahre Zeit im Finanzministerium eine umsetzbare Vorgabe zu entwickeln. Tatsächlich hat man lange nichts getan und ist dann in hektischen Aktionismus verfallen. Herausgekommen ist eine Regelung, die die kommunalen Spitzverbände als rechtswidrig einstufen und die Kämmereien und die Ratsmitglieder vor unlösbare Konflikte stellen.

Die Grundsteuer ist die einzige verlässlich Einnahmequelle der Kommunen und die gerät nun ins Wanken und lässt die Kommunen mit den Konflikten mit ihren Bürgern allein „im Regen“ stehen. Zudem sind die Schlüsselzuweisungen weiter gesunken und der Sozialetat wurde gekürzt, weshalb die Sozialorganisationen sich nun hilfesuchen an den Kreis wenden.

Der Kreis kann aber diese Einnahmeverluste nicht ausgleichen.      

Die Lage in den oberbergischen Kommunen ist zudem nicht einheitlich. Während z.B. meine Heimatgemeinde Engelskirchen mindestens von einer „schwarzen Null“ und ggf. von Überschüssen ausgeht, ist die Lage in z.B. Bergneustadt völlig frustrierend. Ausführungen zur Finanzlage der Gemeinde Nümbrecht würden den Rahmen einer Haushaltsrede sprengen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Land NRW beglückt uns zudem mit einem Regionalplan Erneuerbare Energien. Leider hat der Ministerpräsident die Umsetzung des Projekts komplett der grünen Ministerin Mona Neubaur überlassen. Herausgekommen sind völlig unzureichende Vorgaben des Landes, so dass die ca. 15.000 ha Fläche im Regierungsbezirk Köln kaum zu generieren sind. Zudem hat die Ministerin völlig einseitig die Flächenvorgaben für den Bezirk Köln nicht nur deutlich über die Bundesvorgaben gesetzt, sondern auch in NRW unseren Bezirk bei den Flächen mit Münster, Detmold und Arnsberg gleichgesetzt. Ich habe die Ministerin daher vor einigen Wochen im Regionalrat in öffentlicher Sitzung gefragt, was denn ihre Beweggründe dafür gewesen seien und warum sie die Sonderbelastungen durch den Braunkohletagebau nicht berücksichtigt hätte. Die Antwort war knapp, aber deutlich: „Das habe ich so entschieden!“ Diese Haltung führt nicht nur bei uns in Oberberg dazu, dass bei Windrädern gerade noch die gesetzlichen Mindestabstände von 500 Metern eingehalten werden können. Zudem sind 250 Meter hohe Anlagen in unserer buckligen Welt im Landschaftsbild eine andere „Hausnummer“ als im flachen Rhein-Erftkreis.

Es muss nun auch mit Hilfe des Kreises gelingen, hier noch zu bestmöglichen Ergebnissen zu kommen.

Mit Unverständnis betrachten wir die Kürzung der Landesförderung bei Okula. Dieses Projekt von Landwirtschaft und Naturschutz in Oberberg hat Vorbildcharakter und läuft schon einige Jahrzehnte mit ständig gutem Zuspruch. Aktuell sind 250 ha Vertragsnaturschutz auf der Kippe. Wir brauchen hier die Unterstützung des Landes und fordern sie ein.

Sehr geehrte Damen und Herren,

abschließend zum komme ich zum Bauetat, der im Bauausschuss dankenswerterweise einstimmig beschlossen wurde. Wichtig ist uns zunächst, dass wir an den Planungskosten und auch an der Umsetzung der Kreishauserweiterung festhalten. Die Durchführung in mehreren Bauabschnitten ist sicherlich ein gangbarer Weg dies besser mit dem Haushalt zu vereinbaren. Aber die jetzige Situation ist nicht mehr haltbar. Wir haben zu viele unwirtschaftliche Liegenschaften, wo uns Mieten, hohe Energiekosten und die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Handeln zwingen. Erfreulicherweise können wir das Thema Straßenverkehrsamt im April 2025 als umgesetzt betrachten und endlich die unwürdigen Verhältnisse für die Beschäftigten und unsere Kunden beenden.

Ich darf mich an der Stelle ganz besonders für die Langmut der dort Beschäftigten herzlich bedanken. Wir haben Ihnen lange viel zugemutet!

Der Ausbau der Förderschulen, die es nach den früheren Plänen des Landes durch Inklusion schon gar nicht mehr geben sollte, ist zwingend erforderlich, da die Schülerzahlen rasant ansteigen. Insofern wird die Helen-Keller- Schule in Oberwiehl eine zweite Heimat finden und eine neue Schule wird in Bergneustadt entstehen. Auch die Berufsschulen haben einen erheblichen Sanierungsbedarf und müssen die energetische Situation verbessern.

Bei den Kreisstraßen tun wir auch nur noch das Mindestmaß bei der Unterhaltung, was uns irgendwann vor die Füße fallen wird. Der Radwegebau an Kreisstraßen wie auch an Landesstraßen scheitert am Grunderwerb und den vorgegebenen Standards.

Sehr geehrte Damen und Herren,

traditionell danken wir unserem Kreisdirektor und Kämmerer Klaus Grootens, der neuen Kämmereileiterin Dominique Stölting sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an diesem Doppelhaushalt mitgewirkt haben.

Abschließend möchte ich mich persönlich bei Landrat Jochen Hagt für viele gute gemeinsame Jahre für den Oberbergischen Kreis ganz herzlich bedanken. Es gab immer Herausforderungen, wo wir uns gemeinsam um bestmögliche Lösungen bemüht haben, was uns meist auch gelungen ist. Dies ist in über zwei Jahrzehnten nicht selbstverständlich.

Sehr geehrter Herr Landrat, lieber Jochen ich hätte Dir und uns bei Deinem letzten Haushalt deutlich bessere Zahlen gewünscht.

Die FDP/FWO/DU- Fraktion stimmt dem Doppelhaushalt 2025/26 in der vorgelegten Endfassung zu; gleiches gilt für den Stellenplan und die weiteren Anlagen.

 

 

Reinhold Müller

Fraktionsvorsitzender